Nordrhein-Westfalen nutzte die Weltklimakonferenz als Gelegenheit, um sich als guter Gastgeber zu präsentieren und einem internationalen Publikum Klimaschutzbeispiele aus der Region vorzustellen.
Ein wichtiger Teil der Aktivitäten war das offizielle Exkursionsprogramm der COP23. Landesregierung und Bundesumweltministerium luden die akkreditierten Delegierten, Beobachter und Journalisten ein, das innovative Energieland Nordrhein-Westfalen näher kennenzulernen. Die EnergieAgentur.NRW veranstaltete insgesamt 18 Exkursionen zu 36 Klimaschutz-Beispielen „made in NRW“. Die Exkursionen führten beispielsweise zum StreetScooter-Werk nach Aachen, zum Institut für Solarforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), zur Klimakommune Saerbeck und zur Modellstadt Bottrop/Innovation City Ruhr.
Das Land Nordrhein-Westfalen veranstaltete in Kooperation mit der Energie.Agentur.NRW und dem Wuppertal Institut die "NRW Climate Lounge" im Bonner Post Tower. Die Veranstaltungsreihe bot an neun Abenden Einblicke in den aktuellen Stand der COP23-Verhandlungen und stellte darüber hinaus jeden Abend ein wichtiges Klimaschutz-Thema in den Mittelpunkt, über das mit NRW-Akteurinnen und -Akteuren aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie internationalen Gästen diskutiert wurde. Insgesamt nahmen rund 750 Besucherinnen und Besucher an der Climate Lounge teil. Die Veranstaltungen bestanden in der Regel aus einem einführenden Vortrag des Wuppertal Instituts, der das Tagesgeschehen auf der COP abbildete; anschließend folgten Vortrags- und Diskussionsformate zu folgenden Themen:
Einführung in die internationale Klimadiplomatie
Zum Auftakt der „NRW Climate Lounge“ erläuterte das Wuppertal Institut Grundlagen, Hintergründe und Zukunftsaussichten der internationalen Klimadiplomatie und widmete sich dabei folgenden Fragen: Was sind Inhalte und Stand der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens? Welche Akteurinnen und Akteure haben welche Aufgaben auf einer Weltklimakonferenz? Welche Verhandlungsthemen stehen in Bonn auf der Agenda und wie ist der aktuelle Stand? Was bedeutet die Kehrtwende der USA-Administration für die internationale Klimapolitik? Wie verhält sich die amerikanische Delegation – ist sie konstruktive Begleitung oder Blockade? Was sind die Ziele und Erwartungen für die Verhandlungen in Bonn? Was bedeuten die zu erwartenden Ergebnisse für das weitere Vorgehen bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens? Wer sind die zentralen Schrittmacher und wer sind die Bremser?
Dr. Karsten Sach vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BUMB) begrüßte die Gäste ebenso wie Michael Theben vom NRW-Wirtschaftsministerium.
Klimaverträgliche Stadt- und Quartiersentwicklung
Nach dem Update zu den aktuell laufenden, offiziellen Verhandlungen der COP23 wurde ausgelotet, wie eine klimaverträgliche Stadt- und Quartiersentwicklung aussehen kann. In Nordrhein-Westfalen haben sich zahlreiche Kommunen diesem Thema bereits erfolgreich gewidmet. „InnovationCity“ ist ein Leuchtturm-Projekt, das einen ganzheitlichen Entwicklungsansatz gewählt hat und die Themen klimafreundliches Wohnen, Mobilität, Arbeiten und andere Handlungsfelder zusammen denkt und vorantreibt. Ziel ist die Halbierung der CO2-Emissionen in nur zehn Jahren. Die Stadt Essen ist als amtierende europäische Umwelthauptstadt 2017 ein gutes Beispiel dafür, wie Klimaschutz- und Klimaanpassung in einen breiteren Kontext gestellt werden können und Wechselwirkungen zu anderen Umweltthemen gezielt aufgegriffen werden können.
Abgerundet wurden die Diskussionsimpulse durch ein gutes Beispiel für die klimafreundliche Entwicklung im ländlichen Raum. In NRW engagieren sich viele Regionen und Kommunen seit vielen Jahren in vorbildlicher Weise über partizipative Ansätze und hohes bürgerschaftliches Engagement insbesondere um den Ausbau erneuerbarer Energien. Im Rahmen der Diskussion sollen die Motivation der Akteurinnen und Akteure für ihre Initiativen, Chancen für die Stadt- und Regionenentwicklung und Erfahrungen herausgearbeitet werden.
Weitere Informationen zum Projekt InnovationCity Roll-out
CO2-Minderungsstrategien in Unternehmen
Am dritten Tag der Veranstaltungsreihe wurden innovative Industrieprojekte und Industrieinitiativen vorgestellt. Vertreterinnen und Vertreter der Deutschen Post DHL Group, der Metro Group und Vaillant Deutschland GmbH & Co. KG präsentierten die CO2-Minderungsstrategien ihrer Unternehmen in Kurzvorträgen. In der anschließenden Diskussion ging es um folgende Fragen: Wodurch ist dieses Engagement motiviert? Welche Vorteile und Chancen ergeben sich daraus für die Entwicklung eines Unternehmens und – davon abgeleitet – einer Industrieregion?
Digitalisierung als Wegbereiter für Klimaschutz
Vor dem Einstieg in das Thema des Tages gab das Wuppertal Institut das tägliche Update zu den aktuell laufenden, offiziellen Verhandlungen der COP23. Anschließend wurde ein Überblick über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Digitalisierung und Energiewende gegeben: Wo kann Digitalisierung den Unterschied machen? Erläutert wurden beispielsweise virtuelle Kraftwerke und Smart Grids. An welchen Stellen besteht noch Forschungsbedarf?
Es wurden Kurzvorträge zu zentralen Initiativen in Nordrhein-Westfalen gehalten, dazu gehören beispielweise folgende Projekte:
- Torsten Knop, Innogy SE: SINTEG Projekt Designnetz – innovative Gestaltung intelligenter Netze
- Prof. Dr. Markus Zdrallek, Bergische Universität Wuppertal: Happy Power Hour – Strom – die Rolle dynamischer Stromtarifes für die mittelständische Industrie
Zudem gab es eine moderierte Gesprächsrunde zur Digitalisierung in der energiewirtschaftlichen Praxis mit Teilnehmern aus überregional tätigen Unternehmen, regionalen Versorgern und innovativen Start-up-Unternehmen.
„Non-Party-Action“ - Subnationale Akteure im globalen Klimaschutz
„Das Pariser Abkommen ist Schrittmacher für die subnationalen Akteure im Kampf für den Klimaschutz“, führte Helen Clarkson in die Diskussionsrunde zur Rolle von Regionen und Städten bei der Weltklimakonferenz ein. In einem kurzen historischen Abriss verwies die Moderatorin auf die COP22 und die in Marrakesch gefasste Global Climate Action Agenda (GCAA). Ziel der Agenda sei es, den sogenannten Non-Party-Actors ein Dach zu bieten, unter dem gute Ideen, Pilotprojekte, Strategien und Best Practices für den Klimaschutz zusammengefasst werden. Gut 200 Bundesstaaten, Provinzen, Regionen, Städte und nationale Regierungen treten nun hierfür im Bündnis "Under2Coalition" auf.
Beispiele wie das Förderprogramm „Emissionsfreie Innenstadt“ aus Nordrhein-Westfalen oder Bioenergiedörfer in Baden-Württemberg zeigten laut Podiumsteilnehmer den Erfolg auf subnationaler Ebene in Deutschland.
Den Fokus auf die USA in Zeiten der Trump-Administration lenkte in der Gesprächsrunde Anne O’Connor vom Wirtschaftsministerium in Minnesota. Klimaschutz-Aktivitäten, so die Amerikanerin, seien heute mehr denn je wirtschaftlich notwendig. Die Herausforderung läge jedoch darin, dass hierfür die US-Bundesstaaten gemeinsam vorangehen müssten.
Tina Völker, Referentin im Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, sagte: „Die energieintensive Industrie in NRW ist auf gutem Weg, die Chancen der Energiewende zu nutzen. Um weiterhin global wettbewerbsfähig zu sein, arbeitet sie daran, sich klimafreundliche aufzustellen und setzt dabei auf Innovationen und Digitalisierung.“
Martin Frick vom UN Klimasekretariat in Bonn sah besonderen Handlungsbedarf im Hinblick auf die aktuellen Beratungen zur nächste Runde der nationalen Klimaverpflichtungen, die 2020 abgegeben werden. „Hierbei muss ein Prozess von unten nach oben stattfinden“, so Frick. Positiv blickt der Klimaschutz-Experte in die Zukunft: „In Bonn können wir eine kleine Revolution beobachten. Die Bonn Zone, in der sich die nicht-staatlichen Akteure treffen, erhält permanent hochrangigen Besuch. Das ist keine marginale Veranstaltung am Rande der Vertragsverhandlungen. Subnationale Player werden immer stärker mit einbezogen. Das findet UN-weit immer mehr statt.“
Klimaschutz im Verkehr
Vor dem Einstieg in das Thema des Tages stellte das Wuppertal Institut das tägliche Update zu den aktuell laufenden, offiziellen Verhandlungen der COP23 vor. Im Anschluss wurden unterschiedliche innovative Ansätze für Klimaschutz im Verkehr diskutiert und dabei sehr unterschiedlichen Ebenen beleuchtet. Hierzu gehört auf lokaler Ebene das Konzept „Emissionsfreier Verkehr Bonn“, das sich im Rahmen eines Förderwettbewerbs des Landes Nordrhein-Westfalen gegenüber vielen anderen Bewerbern durchgesetzt hat. Mit dem Streetscooter Konzept wurde die Elektromobilität im Bereich der Nutzfahrzeuge hoffähig gemacht, elektrische Lieferfahrzeuge der Deutsche Post DHL Group gehören längst zum alltäglichen Straßenbild – was waren die Erfolgsfaktoren des Innovationsansatzes aus der Universität und was sind die zukünftigen Pläne für einen Roll Out der Idee. Neben der Elektromobilität wird synthetischen strombasierten Kraftstoffen ein hohes Potential für den Klimaschutz zugetraut. Welche Kraftstoffe haben wirkliche Chancen für eine Markteinführung und zu welchem Zeitpunkt und welche Rolle spielen die synthetischen „Fuels“ für die konkreten Planungen der Mineralölwirtschaft? Diese und ähnliche Fragen sollen in der Veranstaltung ebenso angesprochen werden.
Carbon Pricing – die Zukunft marktorientierter Mechanismen
In der Veranstaltung wurden die Hintergründe für Carbon-Pricing Konzepte offengelegt, die angestrebten Effekte beschrieben und über die verschiedenen Varianten von Carbon Pricing, die aktuell weltweit umgesetzt beziehungsweise geplant werden, berichtet.
Nach der Verabschiedung des Paris Abkommens mit seinen sehr ambitionierten Zielen stellt sich nun die Frage nach den Mechanismen mit denen der Schutz des globalen Klimas sichergestellt werden soll. Dabei geht es nicht nur um Effektivität, sondern vor allem um eine effiziente Umsetzung. Dies erklärt das mittlerweile weltweit gestiegene Interesse an Instrumenten und Konzepten, die Kohlenstoff einen Preis geben. Instrumente wie der Emissionshandel oder Steuern und Abgaben überlassen es den Emittenten, ob, wann und wie sie selbst aktiv werden oder ob sie Zertifikate von anderen Emittenten zukaufen oder einen Preis zahlen sollen. Auf diesem Wege optimieren einzelwirtschaftliche Entscheidungen die gesamtwirtschaftliche Belastung. Instrumente, die ökonomische Anreize zum Handeln setzen können zu einer Kostenoptimierung führen. „More for less!“ lautet vor diesem Hintergrund das internationale Motto für diesen Mechanismus.
Energieforschung in NRW
Auf der Veranstaltung wurden zentrale Initiativen aus Nordrhein-Westfalen aus dem Bereich der Energieforschung vorgestellt.
Der Schwerpunkt lag neben einem allgemeinen Überblick über die Energieforschungslandschaft des Landes auf der Einführung in die Arbeit der „Virtuellen Institute“, die als Institution der verbundförmigen interdisziplinären Zusammenarbeit sehr unterschiedlicher Forschungsinstitute schon eine Innovation für sich darstellen. Die drei vorgestellten „Virtuellen Institute“ greifen dabei Themen auf wie die zentralen nicht-technischen Effekte der Energiewende (z.B. Verhaltensmuster und Routinen), die Möglichkeiten der Konversion von Strom zu Gas und Wärme sowie die Chancen von „Smart Energy“.
Abgerundet wurde das Programm durch die Präsentation von Ergebnissen des Leitprojekts „Technologien für die Energiewende“, das im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) derzeit durchgeführt wird. Das Projekt dient als zentrale Vorarbeit für die Weiterentwicklung des Energieforschungsprogramms der Bundesregierung. Welche Technologien sind nach einem systematischen Ansatz zentral für die Energiewende – national wie international? Wie ist Deutschland in diesem Bereich seitens der Forschung und industriepolitisch positioniert? An welcher Stelle besteht weiterer Innovationsbedarf?
Weitere Informationen:
Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse der COP23
Nach zwei intensiven Wochen ging die COP23 am 17. November 2017 zu Ende. Auf der letzten NRW Climate Lounge wurde Bilanz gezogen und ein Ausblick auf die COP24 im Dezember 2018 in Kattowitz gegeben. Das Wuppertal Institut gab einen Überblick über die Ergebnisse und skizzierte die anstehenden Aufgaben. Was wurde erreicht? Wo konnten Weichen gestellt werden? Wie verlief die Konferenz atmosphärisch nach der Ankündigung der USA, das Paris Agreement verlassen zu wollen? Wer waren die zentralen Stützen und Treiber des Prozesses? Wurden die Voraussetzungen für eine erfolgreiche COP24 vorbereitet, auf der im Rahmen des sogenannten „Stock Taking“ eine erste Bewertung der nationalen und regionalen Klimaschutzziele erfolgen soll? Diese und ähnliche Aspekte wurden zum Abschluss beleuchtet. Bei der Schlussveranstaltung war auch Dr. Karsten Sach, Abteilungsleiter im Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) zu Gast. Das Schlusswort hielt Dr. Achim Dahlen vom NRW-Wirtschaftsministerium.
Moderation
- Prof. Dr. Manfred Fischedick, Wuppertal Institut
Referenten
- Lukas Hermwille, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehr- und Klimapolitik, Wuppertal Institut
- Prof. Dr. Hermann E. Ott, Senior Advisor Globale Nachhaltigkeits- und Wohlfahrtsstrategien, Wuppertal Institut
- Hanna Wang-Helmreich, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Energie-, Verkehr- und Klimapolitik am Wuppertal Institut
Das Land Nordrhein-Westfalen veranstaltete ebenfalls in Kooperation mit dem Wuppertal Institut und der EnergieAgentur.NRW eine ganztägigen Fachkongress zum Klimaschutz in der Industrie. Vertreten waren hochrangige Sprecherinnen und Sprecher aus Politik, Industrie, und Wissenschaft. Thematisiert wurde die Rolle von Nordrhein-Westfalen als Vorreiter bei der klimaverträglichen Gestaltung energieintensiver Grundstoffproduktion. In diesem Bereich kann das Land auf die Erfahrungen aus drei Jahrzehnten zurückgreifen. Der Fachkongress brachte rund 100 internationale Akteure zusammen, um über Chancen und Risiken des Klimawandels in diesen Branchen zu diskutieren.
Auf der 21. Weltklimakonferenz in Paris 2015 wurden die Eckpunkte der weiteren globalen Zusammenarbeit im Klimaschutz völkerrechtlich im Pariser Abkommen festgelegt. In Bonn ging es nun darum, das sogenannte Regelbuch für die Umsetzung zu erarbeiten. Dies soll auf der 24. Weltklimakonferenz 2018 in Kattowitz verabschiedet werden.
Das Abkommen hat einen Paradigmenwechsel eingeläutet: Es fordert expliziert alle Akteure und Regierungsebenen auf, sich beim Klimaschutz einzubringen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Auf der diesjährigen Weltklimakonferenz war zu beobachten, dass die Rolle der Akteure, die Klimaschutz umsetzen, deutlich aufgewertet wurde: Auf vielen Veranstaltungen präsentierten Regionen, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Klimaschutzlösungen aus den unterschiedlichsten Bereichen.
Die Nationalstaaten bestätigten auf der Konferenz ihren Willen zum Klimaschutz und signalisierten Geschlossenheit; dies war insbesondere angesichts der Ankündigung der Vereinigten Staaten, aus dem Pariser Abkommen aussteigen zu wollen, ein wichtiges Signal. Die Kampagnen „America´s Pledge“ und "We are still in", in denen sich Bundesstaaten, Städte, Unternehmen und Universitäten zusammengeschlossen haben, machten aber auch deutlich, dass relevante Akteure in den USA auch weiterhin konsequenten Klimaschutz betreiben wollen.